„Erlebnisse mit Onkel August“

„Erlebnisse mit Onkel August“

Was Student Oswalt über August Bräuninger (1887-1933) schrieb

Erstmals erlebte ich Onkel August auf der Tierzuchtausstellung in Nürnberg im Jahr 1922. Mein Vater, der ihn gut kannte, hatte mich mit ihm bekanntgemacht. August war in der Tierzucht beschlagen und hatte großes Interesse für Milchvieh, ebenso mein Vater als Tierzüchter und späterer Tierzuchtinspektor im Ulmer Fleckviehzuchtverband. Onkel August sprach nicht sehr viel, aber was er sagte, saß. Er machte als „großes Tier“ mir Eindruck. Wir saßen in einer kleinen Runde im Weinzelt, als plötzlich die Nachricht kam, dass Rathenau, der damalige intelligente Außenminister, durch einen Studenten, der mit der liberalen Gesinnung nicht einverstanden war, erschossen sei. Man überlegte die Folgen innen- und außenpolitisch.

Meine sonstigen Erinnerungen an Onkel August beschränken sich auf die Zeit, als er in Flemsdorf das von Buch’sche Rittergut bewirtschaftete und ich während der Vorbereitung auf der Dr.Examen in Berlin 1929 von dort aus öfters nach Flemsdorf kommen durfte.

Typisch für August war folgende Begebenheit: Ich hatte mich zusammen mit meinem Vetter Hans Koch per Postkarte aus Berlin angemeldet und geschrieben, wenn es nicht passte, könnten wir von Angermünde, der Bahnstation, auch laufen. Ich dachte, es könnten die Pferde auch anderweitig beschäftigt sein…

Als wir an einem Samstag bei größter Mittagshitze im Juli per Zug ankamen, war in Angermünde kein Wagen zum Abholen da. Wir stiefelten also ca. 13 Kilometer nach Flemsdorf… Fröhlich uns empfangend sagte August: „Oswalt, du meintest es nicht nötig Euch abzuholen, also sind die Pferde auch im Stall geblieben.“ Ich habe mich später immer ohne Bescheidenheitsfloskel angemeldet – und immer war ein Wagen da.

Da die Doktorarbeit von August, die – obwohl fertig – wegen des Kriege nicht mehr abgeliefert wurde, über Ernährungsfragen des Viehs handelte und meine Arbeit über Wachstumsverhältnisse beim oberschwäbischen Fleckvieh handelte, habe ich Fütterungsfragen mit ihm besprechen können. An zwei Wochenendtagen konnte ich das Futter, das von seinen schwarzbunten Kälbern aufgenommen wurde, abwiegen und in Vergleich zu meinen Zahlen setzen, wofür er sich interessierte.

Ich fuhr fast jeden Mal mit ihm über die Felder, obwohl es dann dazwischen Rast in einem Landgasthaus und eine „Berliner Weisse“ gab mit Schuss, die ich nicht gewohnt war. Ich musste mich danach festhalten, dass ich nicht vom Bock fiel und er nichts merkte.

Er war immer freundlich zu den Leuten und genoss bei den Nachbar-Gütern und in der Ritterschaft hohes Ansehen. Bevor er 1920 Flemsdorf übernahm, war er vor Kriegsbeginn und nach dem Krieg Assistent von Prof. Areboe in Berlin, den Betriebswirtschaftler, der Theorie und Praxis, wie kaum einer zu verbinden wusste. (…)August ging in Nürtingen in die Schule (Internat) und machte das Einjährige (U II). In der praktischen Arbeit war er so beschlagen, dass ihm niemand etwas vormachen konnte. Er praktizierte auch in Strassberg, einem Pachthof, der 10 Kilometer von Augsburg entfernt liegt. Er lernte dort über seinen Vetter Hermann Bräuninger, der Landwirtschaftsdirektor in Augustburg war, Willy von Massenbach kennen und über diesen seine spätere Frau und Base, Paula Fischer aus Strassberg.